Modellieren I

Jede Simulation benötigt ein zugrundeliegendes Modell. In diesem Kapitel wollen wir die wesentlichen Eigenschaften eines Modells herausarbeiten. Dazu wollen wir uns zunächst in diesem Abschnitt auf ein sehr bekanntes Modell konzentrieren.

Die Stadt London ist bekannt für den Big Ben, die Tower Bridge und ein Stück weit auch für ihre U-Bahn – insbesondere für ihren U-Bahn-Netzplan. Betrachten Sie die beiden Versionen des U-Bahn-Netzplans von London. Worin unterscheiden sie sich?

zwei verschiedene U-Bahn Netzpläne von London
Links: Netzplan von 1926, rechts: Netzplan von 1933. (c) Transport for London

Aus dem Netzplan von 1926 kann der Kurvenverlauf herausgelesen werden und auch die Distanzen sind erkennbar. Auf dem Netzplan von 1933 hingegen sind mehr Stationen abgebildet, da kein Wert auf reale Distanzen gelegt wurde. Lediglich die Themse bietet räumliche Orientierung.

Aus heutiger Sicht würden wir diesen Netzplan gegenüber seinem Vorgänger als übersichtlicher beschreiben.

Tatsächlich aber wurde der Netzplan von 1933 zunächst abgelehnt. Für die Betrachter war nicht erkennbar, wie weit einzelne Stationen auseinanderliegen. Wie Sie aber wissen, ähnelt heute jeder U-Bahn-Netzplan dem, den ein Mann namens Harry Beck 1933 entwickelte. Im Gegensatz zu bisher üblichen Netzplänen fokussierte sich sein Netzplan darauf darzustellen, wie einzelne Stationen verbunden sind (Topologie), um eine schnelle Orientierung im U-Bahn-Netz zu ermöglichen, und nicht auf geographische Details. Und schon bald hatten auch die Bewohner Londons dies erkannt.


Hier greift wie bei der Umwandlung von analogen in digitale Werte das Prinzip der Abstraktion. Zur Erinnerung:


Abstraktion bedeutet irrelevante Details weglassen und dadurch Komplexität bewältigen. Ohne Abstraktion wären moderne digitale Systeme so nicht denkbar.