In der eingangs zitierten DAK-Werbung steht, wir würden "immer" auf das Handy starren. Stimmt das? Oder was bedeutet dieses "immer"?
Eine der jüngeren Neuerungen auf Android-Smartphones und iPhones sind Apps zur Analyse des eigenen Smartphonenutzungsverhalten.
Während Apple den neutralen Begriff 'Bildschirmzeit' verwendet, verknüpft Google seine Anwendung "Digital Wellbeing" (Digitales Wohlbefinden) mit einer klaren emotional-affektiven Positionierung.
Das wundert nicht, denn gerade die Diskussion um die Häufigkeit und Dauer der Smartphonenutzung sorgt immer wieder für Aufregung.
- Wofür, wann und wie oft nutzen Sie Ihr Smartphone? Suchen Sie auf Ihrem Smartphone, ob Sie Informationen über Ihre Bildschirmzeit bzw. Ihr Digitales Wohlbefinden einsehen können.
- Machen Sie den Test: Sind Sie "smartphonesüchtig"?
- Reflektieren Sie das Testergebnis kritisch, auch vor dem Hintergrund der folgenden Impulse.
Wampfler (2019) nennt in seinem Buch "Generation 'Social Media'" neun Symptome, die für die Diagnose "Social-Media-Sucht' relevant sind:
- Sowohl zeitlich als auch gedanklich setzt sich eine Person immer stärker mit der Nutzung von Social Media auseinander und verliert dadurch Verhaltensmöglichkeiten. Sie erlebt das als Kontrollverlust; oft nutzt sie Social Media gegen ihren Willen.
- Dieser eingeschränkte Handlungsspielraum wirkt sich negativ auf die schulische oder berufliche Leistung einer Person aus.
- Aus 1. und 2. resultieren häufig Konflikte mit wichtigen Bezugspersonen, die
- in einen sozialen Rückzug münden, damit genügend Zeit vorhanden ist, sich den medialen Aktivitäten zu widmen.
- Damit sind häufig Lügen verbunden: Abhängige geben vor, weniger Zeit mit Social Media zu verbringen, als das tatsächlich der Fall ist.
- Die Nutzung wird als immer weniger befriedigend empfunden, weil ein Aufbau von Toleranz stattfindet. Resultat: Was zu Beginn der problematischen Nutzung zur Euphorie geführt hat, kann nur noch durch hohen emotionalen und zeitlichen Aufwand erreicht werden.
- Eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten führen zu Entzugserscheinungen.
- Versuche, die Nutzung einzuschränken, scheitern.
- Die Sucht hat körperliche Konsequenzen wie Schlafmangel, Über- oder Untergewicht etc. (Wampfler 2019, S. 66f.)
Tatsächlich internetabhängig waren laut PINTA-Studie im Jahr 2011 1,5% der Erwachsenen.
Bei den 14-24-Jährigen lag die Quote bei 3,8% (Frauen 4,5%, Männer 3,0%), bei den 14-16-Jährigen sogar bei 6,3% (Mädchen: 8,6%, Jungen: 4,1%).
"'Online-Sein' hat sich also von einem technisch-quantitativen zu einem emotional-qualitativen Konzept gewandelt. Eine klare, rein technisch determinierte Demarkationslinie zwischen Online- und Offline-Zuständen existiert nicht mehr, online zu sein, ist mittlerweile Normalität, 'offline zu sein [...] ein Ausnahmezustand - eine Notsituation' (DIVSI 2014, 68). Damit ist eine für den digitalen Dualismus grundlegende Differenzierung obsolet geworden. Medialitätsbewusstsein kann nicht länger als Unterscheidung zwischen Offline-Welten (= reale Alltagswelt) und Online-Welten (= mediale Konstruktion) verstanden werden, weil sich einst disjunkte Felder inzwischen untrennbar verwoben haben." (Frederking/Krommer 2014, S. 166).
Tweet von Dejan Mihajlović (Twitter: @DejanFreiburg) zur Smartphonenutzung; Quelle: https://twitter.com/dejanfreiburg/status/961256107275685888