Was ist das Besondere an Technostress? Ein Forschungsüberblick
Technostress als besonderer Stressfaktor wurde im wieder beforscht, leider erst spät für Lehrkräfte. In den folgenden Kästen finden Sie verschiedene Ergebnisse von Forschung, welche zeigen, wie Lehrkräfte besonders betroffen sind.
Infokasten 1
Studie 1: Digitalisierung im Schulsystem 2021. Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen, Rahmenbedingungen und Perspektiven von Lehrkräften in Deutschland.
(Mußmann et al., 2021)
- Untersucht wurde, wie sich Digitalisierung auf die Arbeitszeit, die Arbeitsbedingungen und Perspektiven von Lehrkräften in Deutschland auswirkt.
- Repräsentative Online-Befragung (2.750 Lehrkräften der Sekundarstufe I und II).
Zentrale Ergebnisse:
- Heterogene Erfahrungen: Einige Lehrkräfte empfinden digitale Medien als entlastend, andere als belastend.
- Begrenzte Forschung in Deutschland: Technostress bei Lehrkräften bisher wenig empirisch untersucht.
- Arbeitsintensität verstärkt Stress: Hohe Arbeitsbelastung wird durch digitale Anforderungen weiter intensiviert.
- Verschwimmende Grenzen: Digitale Kommunikation erschwert die Trennung von Beruf und Freizeit.
- Ressourcenpotenzial: Digitale Medien können Stress mindern, z. B. durch Zeitersparnis oder effektivere Lernwege.
- Technische Störungen: 64 % berichten über Stress durch Ausfälle oder Störungen digitaler Systeme.
- Selbstwahrnehmung als Ressource: Lehrkräfte mit positiven digitalen Kompetenzeinschätzungen erleben weniger Technostress.
Fazit:
Digitalisierung kann sowohl Stressfaktor als auch Ressource sein. Stress wird besonders durch hohe Arbeitsbelastung, technische Probleme und verschwimmende Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verstärkt.
Infokasten 2
Studie 2: Arbeitsanforderungen und Ressourcen der digitalen Mediennutzung bei Lehrkräften. Eine Group-concept-mapping-Studie mit angehenden Lehrkräften.
(Cramer & Hosenfeld, 2023)
- Erstellt wurde eine datengestützte Übersicht der Einflussfaktoren auf Stress und Wohlbefinden von Lehrkräften im Kontext digitaler Medien.
- Hierfür wurde das Group-Concept-Mapping (GCM) mit 44 angehenden Lehrkräften der Universität Koblenz-Landau durchgeführt. Dieses Vorgehen besteht aus der Sammlung, Strukturierung und Bewertung von Ideen zu Herausforderungen und unterstützenden Faktoren.
Zentrale Ergebnisse:
Herausforderungen durch digitale Medien
- Technische Probleme (Hardware, Internetverbindung)
- Zeitlicher Mehraufwand für Vorbereitung und Anpassung digitaler Materialien
- Psychische Belastung durch Unsicherheit im Umgang mit digitalen Tools und Angst, Erwartungen nicht zu erfüllen
- Schwierigkeiten, digitale Medien sinnvoll in den Unterricht zu integrieren
Unterstützende Faktoren
- Schulinterne Unterstützung (z. B. Kollegiales Coaching, Fortbildungen, technische Hilfe)
- Persönliche Kompetenzen (z. B. Medienkompetenz, Selbstwirksamkeit)
- Flexibilität und Effizienz (z. B. Erleichterung der Kommunikation durch digitale Medien, individuellere Unterrichtsgestaltung)
Fazit:
Digitale Medien bergen sowohl Herausforderungen als auch unterstützende Faktoren. Ressourcen wie Schulunterstützung und persönliche Kompetenzen spielen eine zentrale Rolle für das Wohlbefinden von Lehrkräften.
Infokasten 3
Studie 3: Die Umsetzung des digital unterstützen Lehrens und Lernens ist für Berliner Lehrkräfte derzeit mit starkem digitalen Stress und erhöhten Belastungen verbunden.
(Mußmann & Hardwig, 2024)
- Untersucht wurde der durch digitale Medien verursachten Technostress, mit Fokus auf Einflussfaktoren, Folgen und Entlastungsmöglichkeiten.
- Es handelt sich um eine standardisierte Online-Befragung von 5.373 Berliner Lehrkräften verschiedener Schularten und -stufen im Schuljahr 2023/2024.
Zentrale Ergebnisse:
Belastungsfaktoren
- Zusätzlicher Stress durch digitale Anforderungen im Unterricht und Verwaltungsaufgaben
- Technische Probleme (z. B. defekte Geräte, instabile Software, schlechtes WLAN)
- Zeitdruck durch Online-Kommunikation, Konferenzen und Dokumentation
- Ständige Erreichbarkeit über digitale Kanäle
- „Vorführeffekt“: Stress steigt, wenn digitale Medien während des Unterrichts nicht funktionieren
Ressourcen zur Stressreduktion
- Hohe digitale Kompetenz und sicherer Umgang mit Tools
- Positive Einstellung zum Nutzen digitaler Medien
- Intrinsische Motivation und Zuversicht im Umgang mit digitalen Anforderungen
Unterschiede zwischen Lehrkräften
- Hauptunterschiede ergeben sich durch Kompetenz, Motivation und Haltung gegenüber Digitalisierung
- Alter und Geschlecht haben nur geringe Auswirkungen
Fazit:
Digital unterstütztes Lehren erhöht die Belastung, kann aber durch Kompetenzen, Motivation und positive Haltung abgemildert werden. Technostress ist ein entscheidender Faktor für die Gesamtbelastung von Lehrkräften.
Allgemeiner Infokasten
Technostress bei Lehrkräften – Forschungsergebnisse aus Deutschland
(Mußmann et al., 2021; Cramer & Hosenfeld, 2023; Mußmann & Hardwig, 2024)
- Untersuchung der Auswirkungen digitaler Medien auf Arbeitsbelastung, Stress und Wohlbefinden von Lehrkräften in Deutschland
- Identifikation von Belastungsfaktoren, Ressourcen und Ansatzpunkten für Entlastung
Zentrale Ergebnisse:
Belastungsfaktoren (Technostress)
- Technische Probleme: instabile Software, defekte Geräte, schlechtes WLAN
- Zeitlicher Mehraufwand: Vorbereitung digitaler Unterrichtsmaterialien, Dokumentation, Online-Kommunikation
- Psychischer Druck: Unsicherheit im Umgang mit Tools und Angst, Erwartungen nicht zu erfüllen
- Erreichbarkeit und Erwartungsdruck: ständige Verfügbarkeit über digitale Kanäle
- „Vorführeffekt“: Stress steigt, wenn digitale Medien im Unterricht nicht funktionieren
- Arbeitsintensität und verschwimmende Grenzen: hohe Gesamtbelastung durch digitale und analoge Aufgaben, erschweren Trennung von Beruf und Freizeit
Ressourcen und Entlastungsfaktoren
- Digitale Kompetenz: sicherer Umgang mit Tools mindert Stress
- Positive Einstellung und Motivation: Vertrauen in den Nutzen digitaler Medien reduziert Belastung
- Schulische Unterstützung: Kollegiales Coaching, Fortbildungen, technische Hilfe
- Flexibilität und Effizienz: digitale Medien erleichtern Kommunikation und ermöglichen individualisierten Unterricht
- Selbstwirksamkeit: Lehrkräfte, die ihre Fähigkeiten positiv einschätzen, erleben weniger Technostress
Weitere Erkenntnisse:
- Technostress betrifft nicht alle Lehrkräfte gleich – Erfahrungen reichen von entlastend bis stark belastend
- Ressourcen wie Unterstützung, Kompetenz und positive Haltung können Belastungen deutlich abfedern
- Alters- und Geschlechtsunterschiede spielen eine untergeordnete Rolle
- Forschung in Deutschland ist noch begrenzt, internationale Studien weisen jedoch ähnliche Belastungs- und Ressourcenmuster auf
Fazit:
Digitale Medien bieten sowohl Chancen als auch Risiken für Lehrkräfte. Technostress entsteht durch technische Probleme, Zeitdruck, ständige Erreichbarkeit und hohe Arbeitsintensität. Kompetenzen, Motivation, positive Haltung und schulische Unterstützung sind entscheidende Faktoren, um diesen Stress zu reduzieren und das Wohlbefinden zu fördern.